· 

Folge 119: Carmela Daza und Maik Gleitsmann-Frohriep

Man müsste mal...einen Film über eine indigene Gemeinschaft in Kolumbien drehen!

 

Wie bewahrt das indigene kolumbianische Volk der Wayuu seine uralte Verbindung zum Wasser in der Wüste von La Guajira? Und warum drehen Carmela Daza und Maik Gleitsmann-Frohriep im äußersten Norden Kolumbiens, in einer extrem trockenen Gegend, die im Westen, Norden und Osten an den Atlantik und im Südosten an Venezuela grenzt, einen Dokumentarfilm?

 

Mein Vater kommt von dort“, erzählt Carmela Daza. Die Kolumbianerin lebt seit 2019 in Schwerin. „Er hat zuhause in Bogota, wo ich aufgewachsen bin, immer Geschichten von dort erzählt, aber ich war niemals dort.“ Ihr Vater war Geologe, Ingenieur. Als junger Mann lehnte er das Angebot im Steinkohlebergwerk „El Cerrejón“ zu arbeiten, ab. „Er hat gewusst, welche Folgen der Bergbau in der Region La Guajiara für die Umwelt und die Menschen dort haben würde und wollte das nicht mitmachen. Darum hat der La Guajira verlassen und zog nach Bogotá“, ergänzt sie.

 

El Cerrejón“ ist eines der größten Steinkohleabbaugebiete der Welt, 700 km2 groß. Das entspricht der Fläche des Stadtstaates Hamburg oder einem Gebiet von etwa 15 km um die Landeshauptstadt Schwerin herum. Ein tiefes Loch von Gadebusch bis Crivitz, von Bad Kleinen bis Warsow. 30 Millionen Tonnen Kohle gehen von dort jährlich in alle Welt. Auch nach Deutschland, das seine Kohleimporte aus Kolumbien seit dem Kohleembargo 2022 gegen Russland kräftig gesteigert hat. Eigentümer der Mine ist der Schweizer Konzern Glencore.

 

Die Mine ist ein bedeutender Arbeitgeber in der Region. Und der Kohleabbau ist eine Bedrohung für die Umwelt, die Gesundheit der Bewohner der Region und die Menschenrechte. Menschenrechtsorganisationen sprechen von „Blutkohle“.

 

Fakt ist: der Lebensraum der indigenen Volksgruppe Wayuu, die knapp die Hälfte der Bevölkerung der Region ausmacht, ist bedroht. Ihnen fehlt das Wasser zum Leben.

 

Wir sind ja Filmemacher und hatten auf verschiedenen Reisen bereits kürzere Filme in Kolumbien produziert“, sagt der gebürtige Schweriner Maik Gleitsmann-Frohriep. „Die Idee, in die Heimat von Carmelas Vater zu reisen, hatten wir schon in der Coronazeit. Damals haben wir bereits mit dem Recherchieren begonnen. Dabei haben wir entdeckt, dass die Geschichte der spirituellen und kulturellen Traditionen der Wayuu und ihr Kampf um Wasser, um ihren Lebensraum exemplarisch für die Komplexität globaler Verflechtungen und die Dringlichkeit eines Umdenkens jedes Einzelnen steht.“

 

Ein gutes Jahr Planung und intensive Recherche, die Suche nach Gesprächspartnern vor Ort, die Suche nach Geld, das Zusammenstellen des Equipments gehen der Reise voraus. „Und ja, man hat eine Story im Kopf, die man drehen will, aber was dann vor Ort passiert, kann das auch auf den Kopf stellen.“, sagen die Zwei übereinstimmend.

 

So erzählt der Film „Territorio Poloui – Im Land des heiligen Wassers“ die Geschichte des Widerstands der Gemeinschaft der Wayuu gegen die verheerenden Folgen des Kohleabbaus und des Klimawandels, die zu einem gravierenden, zu einem lebensbedrohlichen Wassermangel geführt haben. Der Film zeigt beeindruckende Bilder aus der Region. In berührenden Gesprächen kommen Vertreterinnen und Vertreter der Wayuu zu Wort. Mit einzigartigen Animationen wird das mündlich überlieferte tiefe, spirituellen Wissen der Wayuu im Film lebendig und bietet den Zuschauern auf besondere Weise einen Einblick in die Vorstellungswelt und Traditionen des indigenen Volkes.

 

Carmela Daza erklärt: „Territorio Puloui ist ein Zeugnis von Widerstandskraft, Identität und Hoffnung. Mit diesem Film möchte ich nicht nur eine Geschichte über Überleben und Würde erzählen, sondern auch über die Kraft unserer Stimmen nachdenken, die in einer Welt, die historisch die Existenz und das Wissen von Minderheiten unsichtbar gemacht hat, umso lauter werden muss.“

 

Und Co-Regisseur und Produzent Maik Gleitsmann-Frohriep ergänzt: „In unserem Film stellen wir die indigene Wayuu-Gemeinschaft in den Mittelpunkt, nicht nur als Opfer eines ungerechten Systems, sondern als Träger einer tiefen Weisheit und Kraft, die uns allen den Weg zu einem harmonischeren Zusammenleben mit unserer Umwelt weisen kann.“

 

Beim 9. Patagonia Environmental Film Festival wurde “Territorio Pouloi“ als Bester Dokumentarfilm ausgezeichnet. Der Film war im Oktober mit dem Festival de Cine Colombia Migrante in 14 Städte weltweit unterwegs, so auch in Calli bei der diesjährigen COP16, der UN Biodiversitätskonferenz. Auch die Deutschlandpremiere beim 39. FilmFest Osnabrück kam beim Publikum gut an.

 

Unser Ziel ist es, den Film auf Festivals, auf Menschenrechts- und Umweltkonferenzen zu zeigen. Über Bildungsplattformen für Universitäten und Schulen möchten wir ihn weltweit zur Verfügung zu stellen.“, sagen die beiden Filmemacher.

 

Wer aus erster Hand mehr über die Hintergründe und Geschichte des Films erfahren möchte, hört einfach mal rein in den Podcast „Man müsste mal …“ Carmela Daza, Maik Gleitsmann-Frohriep und ihren Gastgebern Andreas Lußky und Claus Oellerking.

 

Diese Folge haben wir am 16. November 2024 aufgenommen.

 

 

Hier der Link zum Trailer mit deutschen Untertiteln.

 

Und der Link zum Instagram-Kanal des Films. Da werden Aufführungen angekündigt.

Und hier findet Ihr die Website zum Film.

 

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0